Die meisten verbinden Fett mit etwas Ungesundem. Doch das stimmt nicht. Denn Fette sind für unseren Körper wichtige Energielieferanten und Energiespeicher. Doch welche Fette sind gesund und welche ungesund? Wir erklären, wie Fette aufgebaut sind, wie sie in unserem Organismus wirken und zu welchen Fettquellen Du greifen solltest.


Fett ist nicht gleich Fett

Obwohl Fett der wichtigste Energiespeicher von Menschen, Tieren und sogar einigen Pflanzen ist, wird das Wort häufig mit etwas Ungesundem in Verbindung gebracht. Dabei gibt es durchaus Fette, die gesund sind. Werfen wir einen Blick in unsere Vergangenheit, sehen wir, dass heutzutage zum ersten Mal in der menschlichen Entwicklungsgeschichte die Ernährung von der Bewegung unabhängig ist. Wir müssen lediglich die Hand ausstrecken und zugreifen. Unsere Vorfahren hatten es nicht so leicht: Sie mussten ihre Nahrung zunächst jagen und erlegen, anstatt sie nur in den Einkaufskorb zu legen. Bewegungsmangel kam einfach nicht vor. Und heute? So komfortabel unsere Leben auch geworden sind, hat jede Entwicklung auch seinen Preis. Auf unserem Speiseplan stehen überwiegend industriegefertigte Lebensmittel und gleichzeitig sehen wir, wie Menschen aus ihrer Kleidergröße herauswachsen. Der Schluss liegt nahe: Die „Fett-Epidemie“ breitet sich immer weiter aus. 

Fette generell zu „verteufeln“ ist jedoch nicht richtig. Warum? Eine direkte Verbindung zwischen Fettkonsum und Anstieg des Übergewichts in der Bevölkerung ist nicht gegeben. Wenngleich in den vergangenen 60 Jahren durch Aufklärung und dem steigenden Angebot fettarmer Lebensmittel deutlich weniger Fett konsumiert wurde, ist weiterhin ein deutlicher Anstieg von Übergewicht in der Bevölkerung zu verzeichnen (Abbildung 1).

Diese Erkenntnisse machen es umso wichtiger, das Zusammenspiel unterschiedlicher Lifestyle-Faktoren zu berücksichtigen, die das Risiko für Übergewicht und andere Erkrankungen erhöhen. Hierzu zählen z.B. Bewegungsmangel, psychosozialer Stress, Mahlzeitenhäufigkeit, Gesamtkalorienmenge oder Schlafmangel.[1]

Abbildung 1: Obwohl insgesamt weniger Fett konsumiert wurde, ist die Anzahl der übergewichtigen Menschen in den letzten 60 Jahren deutlich angestiegen (Vgl. Willett and Leibel 2002).

Fett gehört zu den sogenannten Makronährstoffen und sollte neben Eiweiß und Kohlenhydraten unbedingt auf unserem Speiseplan stehen. Über unsere Nahrung nehmen wir verschiedene pflanzliche und tierische Fette auf. Sie werden im Rahmen der Verdauung in Fettsäuren und Cholesterin zerlegt und dann über die Darmwand aufgenommen. Anschließend dienen sie unserem Körper als Energielieferant oder Energiespeicher. Weiterhin unterstützen sie den Aufbau von Zellen, aktivieren das Immunsystem, transportieren wichtige fettlösliche Vitamine (A, D, E, K), Aromen sowie Geschmacksstoffe und sind nicht zuletzt auch ein „Wärmeschutz“.

Lebensmittel-Check: Welche Fette sind gesund?

Um besser zu verstehen, warum bestimmte Fette aus tierischen und pflanzlichen Nahrungsmitteln gesund oder weniger gut für unseren Körper sind, ist es sinnvoll, sich den Aufbau und das richtige Verhältnis der verschiedenen Fettsäuren genauer anzusehen.

Fettsäuren bestehen aus Kohlenstoff-, Wasserstoff- und Sauerstoffatomen, die als eine Art Kette aneinandergereiht sind. Durch die Länge der jeweiligen Kette kann man sie in kurz-, mittel oder langkettig unterteilen.[2] Kurzkettige Fettsäuren kommen relativ wenig in unseren Lebensmitteln vor. Die mittelkettigen Fettsäuren findet man zum Beispiel gehäuft in Kokosfett oder Kokosöl. Sie sind zudem gut verdaulich. Doch sie können noch mehr: Die Caprylsäure und Caprinsäure aus Kokosfett haben beispielsweise antimykotische Eigenschaften auf unsere Darmflora. Das bedeutet, dass sie einem möglichen Ungleichgewicht im Darm durch einen Pilzbefall positiv entgegenwirken können.[3]

Die langkettigen Fettsäuren machen den Hauptbestandteil der Fette in unserer Nahrung aus. Sie lassen sich in gesättigte Fettsäuren und ein- oder mehrfach ungesättigte Fettsäuren einteilen.

Gesättigte Fettsäuren

Gesättigte Fettsäuren werden über die Nahrung aufgenommen kommen vor allem in tierischen Lebensmitteln, wie Milch, Butter und Fleischprodukten in recht hohen Mengen vor. Da einige gesättigte Fettsäuren z.B. die Blutfettwerte und den Cholesterinspiegel ansteigen lassen, empfiehlt sich ein eher mäßiger Verzehr.

Ein- und mehrfach ungesättigte Fettsäuren

Einfach ungesättigte Fettsäuren kann unser Körper selbst produzieren. Sie sind gut bekömmlich und leicht verdaulich – und sie sind durchaus gesund. Sie tragen zur Verbesserung der Blutgerinnung und der Blutfettwerte (HDL/LDL) bei und reduzieren die vermehrte Ansammlung von Blutfetten (Triglyceride) nach einer Mahlzeit und während der Essenspausen.[4]

Lebensmittel, die einfach ungesättigte Fettsäuren enthalten:

  • Olivenöl
  • Rapsöl
  • Avocado
  • Nüsse

Mehrfach ungesättigte Fettsäuren sind essentiell, was bedeutet, dass unser Körper sie nicht selbst herstellen kann. Wir müssen sie also über die Nahrung aufnehmen. Besonders wichtig für uns sind die Omega-6 und Omega-3-Fettsäuren, die sich nachweislich positiv auf Herz, Gehirn und Sehkraft auswirken.[5] Ausschlaggebend ist bei Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren jedoch das richtige Verhältnis (Empfehlung:  2:1) [6] in unserem Körper. Und warum?

Die Omega-6-Fettsäure Linolsäure benötigt das Enzym δ-6-Desaturase.[7] Dieses Enzym dient der Aufspaltung in weitere Fettsäuren, ist aber gleichzeitig auch der „Startknopf“ für eine Entzündung in unserem Körper. Omega-3-Fettsäuren wirken als Gegenspieler und hemmen den Entzündungsprozess. Für eine gut ablaufende Entzündungsreaktion braucht es also zum einen Omega-6-Fettsäuren, die den Start einer Entzündungsreaktion auslösen und dafür sorgen, dass genügend Immunzellen in das betroffene Gebiet einwandern. Zum anderen benötigen wir eine ausreichende Menge an Omega-3-Fettsäuren im Körper, um die Entzündung zu beenden. Bei einem starken Überschuss an Omega-6-Fettsäuren steigt demnach auch die Anzahl an Entzündungsreaktionen, was sich langfristig negativ auf unsere Gesundheit auswirken kann.

Lebensmittel, die reich an Omega-3 und Omega-6-Fettsäuren sind:

  • Fettreiche Fische wie: Hering, Makrele, Lachs, Sardinen, Sprotten, und Bergseefische [8]
  • Schnecken [9]
  • Wildfleisch [10]
  • Walnüsse, Haselnüsse, Mandeln [11] Beeren, Blattspinat, Portulak, grüne Algen [12]
  • Wildpflanzen, Wildkräuter und Waldpilze [13]
  • Native Öle wie Kokosöl, Leinöl, Raps- und Olivenöl [14]

Praktische Tipps, um das ideale Öl zu finden

Bei der Vielfalt an Ölen auf dem Markt ist es nicht ganz einfach, den Überblick zu behalten. Deshalb hier einige Tipps:  

  • Olivenöle mit vielen ungesättigten Fettsäuren und hohem Polyphenolgehalt sind aus wissenschaftlicher Sicht optimal und gesund.[15] Insbesondere, wenn sie aus biologischem Anbau und erster Pressung (extra vergine) stammen.
  • Kokosöl enthält viele gesättigte, mittelkettige Fettsäuren und ist damit eine gute Energiequelle. Gerade zum Braten und Hocherhitzen ist Kokosöl gut geeignet.
  • Omega-3-Fettsäuren (EPA und DHA) zum Beispiel aus Fisch, Krill und Algen, haben einen nachweislich positiven Nutzen für die Gesundheit [16] und sind aus evolutionärer Sicht lange Bestandteil der menschlichen Ernährung.[17]
  • Raps-, Leinsamen-, Nuss- und gewöhnliches Olivenöl sowie Butter beinhalten nur geringe Mengen an Linolsäure (Omega-6) und dafür mehr andere positive Fettsäuren. So auch Kürbiskern- und Sesamöl in geringen Mengen.
  • Öle beziehungsweise Fette, die möglichst vermieden oder deutlich reduziert werden sollten, sind Distel-, Palm-, Maiskeim-, Weizenkeim-, Soja-, Erdnuss-, Sonnenblumenöl und Margarine. Sie sind aufgrund der hohen Mengen an Linolsäure (Omega-6) eher weniger gesund.

Wie kann man selbst testen, ob es sich um ein hochwertiges Olivenöl handelt?

  • Fruchtig: Ein frischer, fruchtiger Geruch und Geschmack zeichnen ein gutes Olivenöl aus.
  • Bitter: Das ist der typische Geschmack von früh geernteten Oliven mit hohem Polyphenolgehalt. Die Bitterkeit sollte sich aber harmonisch zur Fruchtigkeit verhalten.
  • Scharf: Es sollte in der gesamten Mundhöhle prickeln und besonders in der Kehle wahrgenommen werden. Es kann sogar einen Hustenreiz auslösen.
  • Nur makellose Öle dürften das Prädikat „Extra Vergine“ tragen.

Wissenswertes aus der Evolution

Die Zeit ab der industriellen Revolution bis ins 20. Jahrhundert hat für uns Menschen eine enorme Verbesserung des Lebensstandards ermöglicht. Nicht zuletzt durch den technologischen Fortschritt und die deutlich besseren hygienischen Bedingungen. Was mit kleinen Schritten begann, haben wir über die letzten 150 Jahre im großen Stil perfektioniert – mit leider nicht nur positiven Auswirkungen.

Beispielsweise werden durch die maschinelle Landwirtschaft ölhaltige Pflanzen heute auf gigantischen Flächen angebaut. Aus Distel, Soja, Sonnenblume, Mais oder Weizen können Öle mit einem hohen Gehalt an Omega-6-Fettsäuren gewonnen werden. Mit chemischen Verfahren und riesigen Pressen kann das pflanzliche Öl extrahiert und so zu sehr günstigen Konditionen in den Handel gebracht werden.

Ein Großteil unserer Nutztiere wird nicht mehr artgerecht gefüttert und gehalten, sondern in Mastbetrieben möglichst schnell herangezogen, um den hohen Bedarf an tierischen Produkten abzudecken.

Und das ist schade, denn Fleisch, Milch, tierisches Fett und Eier aus artgerechter Haltung enthalten deutlich mehr Omega-3-Fettsäuren als die Erzeugnisse aus konventioneller Haltung. Dieser Unterschied entsteht vorrangig durch die Fütterung der Tiere: Sie liefern mehr ungesättigte Fettsäuren als mit Maisschrot gemästete Zuchttiere.[18] Wer seiner Gesundheit etwas Gutes tun möchte, sollte beim Kauf von tierischen Lebensmitteln darauf achten, dass diese aus Betrieben stammen, die Wert auf eine artgerechte Tierhaltung und Fütterung legen.

Literatur:

  1. Adela Hruby, PhD and Frank B. Hu, MD, PhD, 2015.
  2.  Fahy et al., 2011
  3. Shijna Kappally, 2015.
  4. DiNicolantonio and O’Keefe, 2018.
  5. EFSA, 2011.
  6. A. P. Simopoulos, 2008.
  7. Saller et al., 2010.

  1. Tur et al., 2012.
  2. Manios et al., 2006.
  3. Valencak et al., 2015.
  4. Manios et al., 2006.
  5. Tur et al., 2012.
  6. Manios et al., 2006.
  7. Tur et al., 2012.
  8. NDA, 2011.
  9. EFSA, 2011.
  10. A. P. Simopoulos, 2006.

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