Infektionen des Respirationstraktes sind weltweit für eine beträchtliche Anzahl an Morbidität und Mortalität verantwortlich. Sie gehören zu den Top 10 der führenden Todesursachen weltweit und zählen zu den häufigsten Todesursachen bei Kindern unter 5 Jahren [1].
Daher ist die Unterstützung des Immunsystems gerade in der aktuellen Jahreszeit zur Hochzeit der Infektionen des Respirationstraktes ein wichtiges Thema.
In den letzten Jahren wurde immer wieder von den positiven Wirkungen von Lactoferrin bei häufigen Infektionskrankheiten wie der Erkältung oder der Grippeinfektion berichtet. Lactoferrin könnte hier ein Schlüsselfaktor sein, das Immunsystem zu unterstützen und Erkältungskrankheiten vorzubeugen [2].
Zu diesem Schluss kommt eine aktuelle Metaanalyse von 25 Studien hinsichtlich des reduzierenden Effekts der Lactoferrinaufnahme auf Entzündungsmediatoren, Immunzellaktivität sowie das Auftreten und die Schwere von Atemwegsinfektionen.
Gerade bei Kindern und Säuglingen zeigte sich deutlich, dass Lactoferrin das Auftreten von Atemwegsinfektionen reduzieren kann, was auf eine verbesserte Immunfunktion hindeutet. Typische Symptome wie Husten, Keuchen und Schnupfen wurden erfolgreich reduziert, aber auch die gesamte Inzidenz für das Auftreten Atemwegserkrankungen und auch die Krankheitsdauer wurde verringert.
Auch bei Erwachsenen scheint Lactoferrin das Potenzial zu haben, positiv auf Atemwegsinfektionen zu wirken [2].
In einer weiteren, im letzten Jahr publizierten Metaanalyse zeigte sich ebenfalls eine therapeutische Wirksamkeit von Lactoferrin hinsichtlich Infektionen des Respirationstraktes über alle Altersgruppen hinweg. Die Forschergruppe Ali et al. zeigte einen signifikanten Zusammenhang zwischen der Einnahme von Lactoferrin und einem verringerten Risiko für das Auftreten von Infektionen des Respirationstraktes [2]. Auch die Dauer einer Atemwegserkrankung sowie die Schwere der Symptomatik konnten signifikant verringert werden, was auch die Ergebnisse der aktuellen Metaanalyse bestätigen [1,2].
Infektionen des Respirationstraktes werden hauptsächlich durch Bakterien oder Viren verursacht.
Daher sind die beschriebenen Effekte zur Wirkung von Lactoferrin bei Infektionen des Respirationstraktes sind hauptsächlich auf die antibakteriellen, antiviralen und immunmodulatorischen Eigenschaften des Proteins zurückzuführen [2].
Antiviral

- Direkte antivirale Wirkung von Lactoferrin durch:
- die Blockierung viraler Rezeptoren wie Heparansulfat-Proteoglykane, indem Lactoferrin an diese Rezeptoren bindet und den „Eingang“ in die Wirtszelle versperrt [1,4]
- die Verringerung der viralen Replikation durch Induktion der Typ-I-IFN-Produktion [1,3]
- indirekte antivirale Wirkung durch Beeinflussung von Immunzellen (siehe unten) [2]
- Außerdem konnte in vitro ein signifikantes antivirales Potenzial gegen das Influenza-A-Virus bestätigt werden. Es zeigte sich, dass Lactoferrin die vom Influenza-A-Virus ausgelöste Apoptose, die Hämagglutination, also die Verklumpung von Erythrozyten sowie die anschließende Infektion unterdrücken kann [1,5]
Auf die antivirale Aktivität von Lactoferrin sind wir zudem schon einmal genauer eingegangen:
(siehe den Beitrag Die immunologische Funktion von Lactoferrin in der Virenabwehr)
Immunmodulatorisch
Als natürlicher Bestandteil des angeborenen Immunsystems kann Lactoferrin sowohl dieses als auch das adaptive Immunsystem unterstützen, indem es wichtige Immunzellen wie dendritische Zellen und Leukozyten aktiviert.
Gerade bei älteren Menschen ab dem 40. Lebensjahr zeigte sich, dass Lactoferrin die Aktivität von natürlichen Killerzellen, also der angeborenen Immunität, erhöhen kann. Natürliche Killerzellen gehören zu den Lymphozyten, die zytotoxisch wirken, also schädliche Zellen zerstören können [2].
Das Vorhandensein von Lactoferrin-Rezeptoren auf einer Reihe von Immunzellen bestätigt eine vielfältige Rolle von Lactoferrin bei der Modulation des Immunsystems, sowohl des angeborenen als auch des adaptiven [1-3].
Antibakteriell
- Lactoferrin kann die bakterielle Zellmembran durchbrechen, indem es das in der Zellmembran gramnegativer Bakterien vorkommende Lipopolysaccharid (LPS) bindet und sequestriert Verhinderung der Auslösung der LPS-vermittelten proinflammatorischen Kaskade und die dadurch entstehende Zellschädigung durch Hemmung der bakteriellen Adhäsion und Eindringen in die Wirtszelle [1,2,6]
- Hemmung des bakteriellen Wachstums durch die direkte Bindung von Eisen (Eisen fördert das bakterielle Wachstum) „Aushungern“ pathogener Bakterien [1,2]
Insgesamt zeigte die Verabreichung von Lactoferrin bei Infektionen des Respirationstraktes bereits bei verschiedenen Altersgruppen eine vielversprechende, teilweise signifikante Wirksamkeit [1,2].
Die Autoren Ali et al. schlussfolgern zudem aus den Ergebnissen ihrer Metaanalyse, dass die aktuelle Evidenz dafür spricht, Säuglingsnahrung mit Lactoferrin anzureichern [1].
Auch bei Erwachsenen deuten die Ergebnisse darauf hin, dass Lactoferrin eine positive Rolle bei der Behandlung von Symptomen und der Genesung von Patienten, die an Infektionen des Respirationstraktes leiden, spielen kann [1,2].
Dies bedarf allerdings noch weiterer Forschung für evidente Aussagen.
Quellen
1. Ali, A. S., Hasan, S. S., Kow, C. S. & Merchant, H. A. Lactoferrin reduces the risk of respiratory tract infections: A meta-analysis of randomized controlled trials. Clin Nutr ESPEN 45, 26–32 (2021).
2. Berthon, B. S., Williams, L. M., Williams, E. J. & Wood, L. G. Effect of Lactoferrin Supplementation on Inflammation, Immune Function, and Prevention of Respiratory Tract Infections in Humans: A Systematic Review and Meta-analysis. Advances in Nutrition (2022) doi:10.1093/advances/nmac047.
3. Wakabayashi, H., Oda, H., Yamauchi, K. & Abe, F. Lactoferrin for prevention of common viral infections. Journal of Infection and Chemotherapy vol. 20 666–671 Preprint at https://doi.org/10.1016/j.jiac.2014.08.003 (2014).
4. Lang, J. et al. Inhibition of SARS pseudovirus cell entry by lactoferrin binding to heparan sulfate proteoglycans. PLoS One 6, (2011).
5. Pietrantoni, A., Ammendolia, M. G. & Superti, F. Bovine lactoferrin: Involvement of metal saturation and carbohydrates in the inhibition of influenza virus infection. Biochemistry and Cell Biology 90, 442–448 (2012).
6. Rosa, L., Cutone, A., Lepanto, M. S., Paesano, R. & Valenti, P. Lactoferrin: A natural glycoprotein involved in iron and inflammatory homeostasis. International Journal of Molecular Sciences vol. 18 Preprint at https://doi.org/10.3390/ijms18091985 (2017).