Jedes Jahr im Frühjahr geht es wieder los. Das bunte Erwachen in der Natur sorgt leider bei Vielen nicht nur für ein buntes Farbenspiel, sondern auch für eine laufende Nase, Niesanfälle und tränende Augen. Doch was kann man dagegen tun? Im folgenden Artikel findest Du Tipps und Tricks rund um das Thema Allergie zur kurz- und langfristigen Verbesserung.


Wie entsteht eine Pollen-Allergie bzw. Heuschnupfen?

Eine Allergie entsteht dadurch, dass ein potentiell gefährlicher Stoff (Allergen genannt) in Kontakt mit unserem Immunsystem kommt. Dies kann durch eine Vielzahl an Möglichkeiten entstehen: Zum einen kann der Stoff durch unsere Körperbarrieren gelangen, wie das z.B. bei Bienengift der Fall ist, er kann aber auch auf unseren Schleimhäuten landen, wie es bei Pollen geschieht. Natürlich kann man das Allergen auch über die Nahrung aufnehmen (Nahrungsmittelallergie) oder über die Haut (z.B. Pflasterallergie) damit in Kontakt treten. Nachdem ein Kontakt entstand, erfolgt aufgrund der Beurteilung des Immunsystems eine überschießende Reaktion, welche zu den Symptomen der Allergien führt. Ist dies einmal geschehen, so bilden sich Gedächtniszellen aus, welche immer wieder aktiv werden, wenn wir mit dem Allergen in Kontakt treten. Dieses Geschehen nennt man Sensibilisierung.

Warum reagiert das Immunsystem überschießend bei der Allergie?

Unser Immunsystem passt sich an, auch an eine Umgebung, die komplett neu für uns ist. So sorgen Veränderungen in unserer Umwelt, wie z.B. der verminderte Kontakt zu Parasiten, guten Bakterien und Viren und der gehäufte Kontakt zu bestimmten Pilzen, schlechten Bakterien und Viren zu einem deutlichen Anstieg allergischer Erkrankungen in den letzten 30 Jahren. Der ständige Kontakt zu den schlechten Pilzen, Bakterien und Viren führt zu einer Verschiebung in der Kommunikation der Immunzellen. Es werden vermehrt Botenstoffe ausgeschüttet, die das sogenannte Th2-System aktivieren. Durch das nicht Vorhandensein von Parasiten und den guten Bakterien und Viren fehlt die Regulation sowie ein Stopp-Signal für das Th2-System, weshalb es zu einer Sensibilisierung kommen kann (Reynolds & Finlay, 2017).

Was schützt mich vor einer Allergie?

Es scheint besonders wichtig zu sein, bereits das kindliche Immunsystem einem angemessenen Training (Kontakt zu Mikroorganismen) auszusetzen, um dem Immunsystem eine Toleranz gegenüber möglichen Allergenen beizubringen oder anders gesagt ein gutes Start- und Stopp-System einzubauen (Reynolds & Finlay, 2017). So konnte gezeigt werden, das ein enger, regelmäßiger und vor allem auch früher Kontakt zu Haus- und Nutztieren die Wahrscheinlichkeit auf eine Sensibilisierung deutlich verringert (Pelucchi, Galeone, Bach, La Vecchia, & Chatenoud, 2013). Zudem spielt es auch eine große Rolle, ob und wie lange Kinder von der Mutter gestillt werden, da in der Muttermilch wichtige Ballaststoffe (HMO), Immunproteine (Lactoferrin) und Immun-Botenstoffe sowie Hormone und auch Mikroorganismen, transportiert werden. Diese sind für die Zusammensetzung unserer Flora und dementsprechend für das Immuntraining von entscheidender Bedeutung (Kim, Sitarik, Woodcroft, Zoratti, & Johnson, o. J.).

Was passiert bei einer Allergie im Körper?

Bei der allergischen Reaktion werden vermehrt entzündungsfördernde Botenstoffe wie z.B. Histamin ausgeschüttet. Dieses sorgt dafür, dass unsere Schleimhäute anschwellen und ein typischer Juckreiz entsteht. Zudem werden aktivierende Botenstoffe für das Th2-System ausgeschüttet, was für eine zunehmende Immunreaktion sorgt. Umso stärker die Immunreaktion ausfällt, desto stärkere Symptome bemerken wir.

Warum ist eine Allergie morgens schlimmer?

Damit wir morgens aufstehen, schüttet unser Körper das Hormon Cortisol aus, welches einer der Hauptrhythmusgeber für unseren Biorhythmus ist. Cortisol sorgt zum einen dafür, dass wir Energiegeladen in den Tag starten, zum anderen hemmt es aber auch die Immunaktivität. In der Medizin macht man sich diesen Effekt zunutze, denn Medikamente zur Linderung der Symptome beinhalten u.a. die künstlich hergestellte Variante, das Cortison. Leider haben diese Medikamente keine ursächliche Wirkung auf die Erkrankung.

Welche Faktoren haben einen Einfluss auf die Allergie?

Da die Stärke der Symptome einer Allergie davon abhängig ist, wie viele aktivierende Botenstoffe für das Th2-System ausgeschüttet werden, ist die Linderung abhängig von der Reduktion der Botenstoffe und langfristig durch die Regulation der unterschiedlichen Immunsystem-Bestandteile ein. Verstärkende Faktoren dafür können sein:

  • Exposition gegenüber dem Allergen (z.B. in der Blütezeit)
  • Eine Th2-System aktivierende Darmflora: bestimmte Pilze, Bakterien und Viren (Reynolds & Finlay, 2017)
  • Eine Defekte Darm-/ Lungenbarriere (Kelly u. a., 2015)
  • Ernährung (Trompette u. a., 2014) (Tan u. a., 2016)
  • Ein zu geringer Vitamin D-Spiegel (Matsui u. a., 2019) (Rajakulendran, Tham, Soh, & Van Bever, 2018)

Tipp: Welche unterschiedliche Allergietypen es gibt und welchen evolutionären Vorteil eine Allergie hat, findest Du nochmal genau erklärt im Artikel: Allergien und das Immunsystem – wie entstehen Allergien?

Natürliche Regulation der immunologischen Botenstoffe

In der Forschungsarbeit von Donovan, 2016 konnte gezeigt werden, dass das natürlich vorkommende Immunprotein Lactoferrin bei regelmäßiger Einnahme zu einem ausgewogenen Verhältnis der Botenstoffe zwischen den verschiedenen Immunsystem-Bestandteilen führt. Durch diese Fähigkeit wird in der Untersuchung von (Fischer, Debbabi, Dubarry, Boyaka, & Tomé, 2006) über einen präventiven Schutz durch die Einnahme von Lactoferrin auf die Entstehung von allergischen Erkrankungen gesprochen. Auch eine Untersuchung (Kruzel, Bacsi, Choudhury, Sur, & Boldogh, 2006) am Mausmodell konnte einen entzündungsreduzierenden Effekt am Lungengewebe bei asthmatischen Mäusen zeigen und spricht sich für eine Anwendung am Menschen aus.

Wie lässt sich eine Allergie behandeln?

  • Hyposensibilisierung

Eine Therapieform stellt die so genannte Hyposensibilisierung dar: Durch eine ärztlich gesteuerte, regelmäßige Gabe des Allergens kann eine Toleranz gegenüber dem Immunsystem erzeugt werden. Dieses Verfahren dauert in der Regel drei Jahre und ist eine Art Immuntraining.

  •  Immunregulation

Da unser Immunsystem der Auslöser für die Allergie und deren Symptome ist, macht es am meisten Sinn am Grund des Übels anzusetzen. Da das Immunsystem ein dynamisches und vor allem lernfähiges System ist, besteht die Möglichkeit eine Toleranz gegenüber dem Antigen zu entwickeln. Um das Immunsystem zu stärken und Entzündungsprozessen entgegen zu wirken, können Omega-3-Fettsäuren helfen. Lactoferrin unterstützt die natürliche Immunregulation. Auch ein ausreichender Vitamin D Spiegel kann dazu beitragen die Chancen auf die Entstehung einer Allergie zu reduzieren und kann ebenfalls unterstützend zur Immunregulation beitragen.

  • Probiotika

Bestimmte Bakterienstämme, die günstig für unsere Darmflora sind, können als eine sinnvolle Ergänzung eingesetzt werden (Ho & Bunyavanich, 2019)(Joo Chan, Richardo, & Lim, 2018)(Rajakulendran u. a., 2018). Diese fördern die Entwicklung regulatorischer T-Zellen, welche für eine gute Balance zwischen den Botenstoffen des Immunsystems sorgen. Das Th-2 System wird somit beruhigt und Symptome abgemildert (Ho & Bunyavanich, 2019).

  •  Intakte Barrieren

Eine intakte Barriere ist von vielen Faktoren abhängig, da uns diese vor allen äußeren Einflüssen (Mikroorganismen, Sonne, Kälte, mechanische Reize, etc.) schützen soll. Es gibt also eine Vielzahl von Störfaktoren, die einen schädigenden Einfluss haben. Da unser Darm mit über 500m2 die größte Schutzbarriere ist, lohnt es sich, ihm besondere Aufmerksamkeit zu schenken.

Häufig macht man die Erfahrung, dass sich gerade in stressigen Zeiten eine Allergie verschlechtert. Bei Stress erhöht sich die Durchlässigkeit der Darmbarriere (Darmpermeabilität), was Antigenen den Weg in den Körper erleichtert. Man spricht dann vom so genannten Leaky Gut Syndrom.

Die Zunahme von Epithelbarrieren-schädigenden Wirkstoffen steht in einem engen Zusammenhang mit Industrialisierung, Urbanisierung und modernem Leben. Ein Leaky Gut kann also dem Anstieg von allergischen, autoimmunen und anderen chronischen Erkrankungen zugrunde liegen. Auch die Immunantworten auf dysbiotische Mikrobiota, die die beschädigte Barriere überschreiten, können an der Entwicklung dieser Krankheiten beteiligt sein (Akdis, C.A., 2021).

  • Artgerechte Ernährung:

Damit unser Mikrobiom eine Unterstützung für uns ist und keine Belastung, benötigt es die richtige präbiotische Nahrung. Eine vielfältige Ernährung hilft, das innere Gleichgewicht der Darmflora herzustellen.

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Literatur:

Akdis, C.A. Does the epithelial barrier hypothesis explain the increase in allergy, autoimmunity and other chronic conditions?. Nat Rev Immunol (2021). https://doi.org/10.1038/s41577-021-00538-7

Donovan, S. M. (2016). The Role of Lactoferrin in Gastrointestinal and Immune Development and Function: A Preclinical Perspective. Journal of Pediatrics, 173, S16–S28. https://doi.org/10.1016/j.jpeds.2016.02.072

Fischer, R., Debbabi, H., Dubarry, M., Boyaka, P., & Tomé, D. (2006). Regulation of physiological and pathological Th1 and Th2 responses by lactoferrin. Biochemistry and Cell Biology, 84(3), 303–311. https://doi.org/10.1139/O06-058

Ho, H. en, & Bunyavanich, S. (2019, Mai 1). Microbial Adjuncts for Food Allergen Immunotherapy. Current Allergy and Asthma Reports. Current Medicine Group LLC 1. https://doi.org/10.1007/s11882-019-0859-1

Joo Chan, C., Richardo, T., & Lim, R. L. H. (2018, November 2). Current Trend in Immunotherapy for Peanut Allergy. International Reviews of Immunology. Taylor and Francis Ltd. https://doi.org/10.1080/08830185.2018.1509967

Kelly, J. R., Kennedy, P. J., Cryan, J. F., Dinan, T. G., Clarke, G., & Hyland, N. P. (2015, Oktober 14). Breaking down the barriers: The gut microbiome, intestinal permeability and stress-related psychiatric disorders. Frontiers in Cellular Neuroscience. Frontiers Media S.A. https://doi.org/10.3389/fncel.2015.00392

Kim, H., Sitarik, A. R., Woodcroft, K., Zoratti, E., & Johnson, C. C. (o. J.). Birth mode, breastfeeding, pet exposure, and antibiotic use: associations with the gut microbiome and sensitization in children. Introduction. https://doi.org/10.1007/s11882-019-0851-9

Kruzel, M. L., Bacsi, A., Choudhury, B., Sur, S., & Boldogh, I. (2006). Lactoferrin decreases pollen antigen-induced allergic airway inflammation in a murine model of asthma. Immunology, 119(2), 159–166. https://doi.org/10.1111/j.1365-2567.2006.02417.x PM  – 16800860 M4  – Citavi

Matsui, T., Tanaka, K., Yamashita, H., Saneyasu, K. ichi, Tanaka, H., Takasato, Y., … Ito, K. (2019, April 1). Food allergy is linked to season of birth, sun exposure, and vitamin D deficiency. Allergology International. Japanese Society of Allergology. https://doi.org/10.1016/j.alit.2018.12.003

Pelucchi, C., Galeone, C., Bach, J. F., La Vecchia, C., & Chatenoud, L. (2013). Pet exposure and risk of atopic dermatitis at the pediatric age: A meta-analysis of birth cohort studies. Journal of Allergy and Clinical Immunology, 132(3). https://doi.org/10.1016/j.jaci.2013.04.009

Rajakulendran, M., Tham, E. H., Soh, J. Y., & Van Bever, H. (2018). Novel strategies in immunotherapy for allergic diseases. Asia Pacific Allergy, 8(2). https://doi.org/10.5415/apallergy.2018.8.e14

Reynolds, L. A., & Finlay, B. B. (2017, August 1). Early life factors that affect allergy development. Nature Reviews Immunology. Nature Publishing Group. https://doi.org/10.1038/nri.2017.39

Tan, J., McKenzie, C., Vuillermin, P. J., Goverse, G., Vinuesa, C. G., Mebius, R. E., … Mackay, C. R. (2016). Dietary Fiber and Bacterial SCFA Enhance Oral Tolerance and Protect against Food Allergy through Diverse Cellular Pathways. Cell Reports, 15(12), 2809–2824. https://doi.org/10.1016/j.celrep.2016.05.047

Trompette, A., Gollwitzer, E. S., Yadava, K., Sichelstiel, A. K., Sprenger, N., Ngom-Bru, C., … Marsland, B. J. (2014). Gut microbiota metabolism of dietary fiber influences allergic airway disease and hematopoiesis. Nature Medicine, 20(2), 159–166. https://doi.org/10.1038/nm.3444

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