Waldbaden oder Shinrin Yoku ist ein „neuer“ Trend aus Japan. Er erobert mittlerweile auch Deutschland und sorgt für mehr Bewusstsein gegenüber den gesundheitlichen Vorteilen der Natur auf uns Menschen. Doch was steckt genau dahinter und was sind die Vorteile von Waldbaden?


Was ist Waldbaden bzw. Shinrin Yoku?

Shin heißt so viel wie großer Waldrin ist der kleine Wald und Yoku bedeutet Baden. Natürlich „badet“ man aber nicht im wörtlichen Sinne im Wald. Waldbaden ist ein Konzept der Naturtherapie und meint damit eher ein Eintauchen in die Natur. Ziel ist, unsere geistige und körperliche Gesundheit zu verbessern. Waldbaden wird häufig in der Gruppe praktiziert, kann natürlich aber auch alleine durchgeführt werden. Bei dem meist zweistündigen Aufenthalt im Wald, versucht man, viele Sinneseindrücke zu bekommen und die Wahrnehmung bewusst zu lenken. Dies wird durch verschiedene Techniken wie der Meditation, Qigong, Atemübungen, Dehntechniken und Wahrnehmungs- und Achtsamkeitsübungen verstärkt. Man kann aber auch einfach mal einen Baum umarmen oder sich anlehnen.

Warum ist Waldbaden artgerecht? Das Natürliche Habitat

Die Urbanisierung, also die Ausbreitung städtischer Lebensformen, nimmt weltweit stetig zu und bis 2050 werden voraussichtlich 68% der Bevölkerung in einer städtischen Umgebung leben. Dieser Trend wirkt sich, laut Forschung, negativ auf die physische und emotionale Gesundheit aus. Insgesamt scheint die Urbanität mit einem höheren Risiko für psychische Gesundheitsstörungen in Verbindung zu stehen [1].

Wenn man bedenkt, dass der Mensch weniger als 0,01% seiner Geschichte in einer modernen Umgebung und die anderen 99,99% der Zeit in der Natur lebte, ist es kein Wunder, dass so Mancher sich danach sehnt. Die Natur entspricht damit nicht nur einem Rückzugsort, sondern vielmehr unserem Ursprung.

Was bewirkt Waldbaden?

Die Effekte auf unseren Körper und Geist werden seit den 80er Jahren vor allem in Japan genau erforscht und gelten mittlerweile als anerkannt. Die Ergebnisse sind erstaunlich und Shinrin Yoku scheint eine heilende Kraft zu haben, mit positiver Wirkung auf den menschlichen Körper:

Immunsystem

Der Aufenthalt im Wald erhöht die Anzahl an natürlichen Killerzellen, welche z.B. dafür zuständig sind, körpereigene mutierte Zellen abzubauen. Somit könnte man Waldbaden als eine Art Krebsprävention [2] und Stärkung für das Immunsystem betrachten.

Herz Kreislauf

Der Aufenthalt im Wald und an der frischen Luft senkt den Blutdruck sowie die Pulsfrequenz und sorgt für Entspannung in unserem vegetativen Nervensystem. Weiterhin verbessert Waldbaden die Herzratenvariabilität (HRV), also die Fähigkeit des Organismus, die Frequenz des Herzrhythmus zu verändern. Aus diesem Grund ist Waldbaden besonders gut geeignet für Menschen, die bereits Probleme mit Herz-Kreislauferkrankungen haben oder sich davor schützen möchten. Interessanterweise konnte auch gezeigt werden, dass diese Effekte unabhängig von Alter, Geschlecht, sozioökonomischem Hintergrund oder früheren Erfahrungen mit einer natürlichen Umgebung eintreten [2]. Der Wald ist also ein Geschenk für alle. 

Psyche

Der Wald hat nicht nur einen Einfluss auf unseren Körper, sondern auch auf unseren Geist und unser Verhalten. In Untersuchungen konnte gezeigt werden, dass Personen, die an chronischen Stresszuständen leiden, nach dem Waldbaden einen direkten Rückgang von Gefühlen, wie Feindseligkeit, Wut, Depression und Angst erlebet haben.[2] Auch konnte der positive Einfluss auf Depression, Angst, Müdigkeit und Verwirrung mehrfach bestätig werden. [1] [2]

Biorhythmus und Stressreduktion

Regelmäßiges Waldbaden (über drei Monate) verbessert auch unseren Schlaf-Wach-Rhythmus, sorgt für mehr innere Ruhe und kann gleichzeitig die Vitalität stärken [1]. Jedoch lässt sich schon nach einem Waldspaziergang von 15 Minuten eine stressreduzierende Wirkung beobachten. Dies zeigt sich in der Langzeitwirkung natürlich noch deutlicher und hilft somit beim Abbau von Stress [2].

Die Kunst des Heilens kommt von der Natur, nicht vom Arzt. (Paracelsus)

Einfach im Wald sein und gut? Kann es wirklich so einfach sein und gesund?

Die Antwort lautet ja. Das Besondere am Waldbaden ist, dass man keine besonderen Geräte, Bekleidung, Medikamente oder Therapiekonzepte benötigt, um einen positiven Effekt zu erzielen. Studien haben gezeigt, dass schon der bloße Anblick eines Naturbildes, wie z. B. eines Baums, unseren Stresspegel reduzieren kann [2]. Machen wir es also nicht schwerer als es ist und befolgen die erste Grundregel des Waldbadens: Es gibt keine Regeln. Der Wald ist ein Ort, an dem man Mensch sein darf, ohne Leistungsgedanken. Es kommt nicht darauf an, wie weit oder wie schnell man läuft oder ob man überhaupt läuft. Es geht vielmehr darum, den Alltag hinter sich zu lassen, abzuschalten und die Ruhe im Grün zu genießen.

Möchte man jedoch gezielt Krankheiten verbessern, so sollte man sich zunächst bei einem professionellen Guide informieren, welche Hinweise es aus der Forschung gibt um verstärkt vom Waldbaden zu profitieren.

Wie funktioniert Waldbaden?

Die Anleitung und unsere Tipps zum Waldbaden sind sehr simpel:

  1. Gehe in den Wald.
    Lass Dein Smartphone sowie andere Elektronische Geräte und auch Deine Ziele daheim.
  2. Suche Dir einen Weg.
    Nimm Dir eine (analoge) Karte oder informiere Dich über einen Wanderweg, sodass Du auch sicher wieder zurückkommst.
  3. Genieße Dein Umfeld .
    Nimm Dir Zeit und versuche mit allen Sinnen durch Sehen, Hören, Riechen und Fühlen, Dein Umfeld wahrzunehmen
  4. Bewege Dich.
    Nicht nur Gehen, sondern alles ist erlaub: Rennen, Kopfstand, Fersensitz – Übungen gibt es viele.
  5. Setze Dich einfach mal.
    Sei still, schau wie sich die Vögel, Insekten und Tiere um dich herum verhalten, lausche den Waldgeräuschen, rieche die unterschiedlichen Gerüche, spüre die Wärme oder Kälte, genieße das Sein.
    Gib Dir selbst etwas Liebe.
  6. Am Ende der Wanderung.
    Sei dankbar dem Wald gegenüber, dass er Dich empfangen hat.

Nutze den Wald, um zur Ruhe zu kommen. Ganz ohne Regeln einfach Mensch sein.

Bevor Du startest solltest Du ein paar Dinge beachten:

  1. Schaue, wo Du wandern darfst, denn auch der Wald kann gefährlich sein
    • Gehe nicht nach Stürmen in den Wald
    • Gehe nicht nach der Abenddämmerung in den Wald
    • Informiere Dich ausreichend über das Wegenetz und besorge Dir zusätzlich eine Karte
    • Informiere Dich über Rettungspunkte
  2. Respektiere den Wald, seine Tiere und Pflanzen
    • Bleibe auf den Wegen, denn Tiere benötigen ebenfalls ausreichend Platz in ihrem zu Hause
    • Hinterlasse keinen Müll, sondern nimm Deine Abfälle wieder mit
    • Sei leise
    • Nimm Dir keine Pflanzen mit nach Hause

Literatur:

  1.  Farrow, M. R., & Washburn, K. (2019). A Review of Field Experiments on the Effect of Forest Bathing on Anxiety and Heart Rate Variability. Global Advances in Health and Medicine, 8, 216495611984865. https://doi.org/10.1177/2164956119848654

  1. Hansen, M. M., Jones, R., & Tocchini, K. (2017). Shinrin-yoku (Forest bathing) and nature therapy: A state-of-the-art review. International Journal of Environmental Research and Public Health, 14(8). https://doi.org/10.3390/ijerph14080851

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